Produktdimensionen und Ausprägungsformen in zukunftsorientierten Prüfungsformaten

Die Kombination aus den verschiedenen Produktdimensionen und den vielfältigen Ausprägungen ermöglicht eine hohe Flexibilität bei der Gestaltung von Prüfungsaufgaben. Ein und dieselbe Form des Endprodukts – beispielsweise eine szenische Inszenierung – kann ganz unterschiedlich genutzt werden, je nachdem, in welcher Form sie realisiert wird.

Damit lässt sich gezielt auf unterschiedliche Lernziele und Kompetenzbereiche reagieren, indem man die Prüfungsform passgenau zuschneidet. So können Lernende fachliches Wissen anwenden, überfachliche Kompetenzen entwickeln und kreative, analytische sowie kooperative Fähigkeiten vertiefen.  

Zunächst wird die gewünschte Produktdimension gewählt – also die Frage beantwortet, in welcher Form das Endprodukt erscheinen soll. Anschließend wird entschieden, welche Ausprägungen diesen Prozess didaktisch und methodisch sinnvoll unterstützen: Wird projektorientiert, fächerübergreifend oder eher in kurzen, aber intensiven Übungssequenzen gearbeitet? Sollen kollaborative oder spielerische Elemente einfließen? Wie kann man soziale Medien oder KI-gestützte Verfahren einbinden?

Im Folgenden werden zwei Ebenen fokussiert, um die Differenzierung zu klären: Zum einen die „Produktdimension“, also die Form des Endprodukts, zum anderen die unterschiedlichen „Ausprägungen“, die das konkrete Vorgehen sowie die methodische oder organisatorische Einbindung näher bestimmen.  

Die Produktdimensionen umfassen vielfältige Endprodukte, wie etwa Videoproduktionen, Audioproduktionen (etwa Podcasts oder Musikstücke), Textproduktionen (z. B. digitale Texte oder Wiki-Beiträge), Mixed-Media-Produktionen (multimediale Präsentationen oder Social-Media-Formate) und virtuelle Produktionen (virtuelle Rundgänge oder Simulationen). Darüber hinaus können auch handwerkliche Produktion (zum Beispiel Modellbau oder ein Herbarium), analoge Formate (Papier- oder Printprodukte), Rollenspiele, szenische Inszenierungen sowie musikalische Interpretationen in Betracht gezogen werden, wobei auch die Kombination unterschiedlicher Produktdimensionen möglich ist. Jede dieser Produktdimensionen lässt sich ausdifferenzieren, indem sie mit geeigneten Ausprägungen kombiniert wird. So kann etwa eine Videoproduktion in Form eines interaktiven Erklärvideos, eines dokumentarischen Berichts oder sogar einer gamifizierten Simulation umgesetzt werden, je nachdem, welche Zielsetzungen und methodischen Prinzipien verfolgt werden.  

Die Ausprägungen beziehen sich auf methodische (z.B.: Verfahrens- / Vorgehensweise), organisatorische (z.B.: Sozialform), inhaltliche und mediale (z.B.: welche Mittel; Tablet, App, etc.) Aspekte.

Hinsichtlich der methodischen Ausprägung könnte beispielsweise die Auswahl zwischen einer fachspezifischen oder fächerübergreifenden Gestaltung getroffen werden, während auf der organisatorischen Ebene zwischen der Fokussierung von Einzelarbeit einer möglichen kooperativen oder kollaborativen Arbeitsweise entschieden werden kann. 

Projektorientiertes Lernen, das häufig auch fächerübergreifend angelegt sein kann, bietet beispielsweise die Möglichkeit, komplexe Themen über einen längeren Zeitraum zu bearbeiten und so tiefere Lernprozesse anzustoßen. Kollaborative Formate wie gemeinsames Schreiben an einem Wiki oder das Erstellen interaktiver Mindmaps fördern Teamarbeit, ermöglichen aber gleichzeitig die individuelle Expertise jeder einzelnen Person. 

Auf der Ebene der inhaltlichen Ausprägung sind fachspezifische Überlegungen anzustellen, die den Lernstand der Schülerinnen und Schüler ebenso beinhalten wie eine Didaktisierung der Materialien und Impulse und einer Rahmung des Themas. 

In der medialen Ausprägung stehen die Mittel im Fokus, wobei zunächst beispielhaft auf analoge Optionen wie ein Herbarium, ein Modell im Schuhkarton, Rollenspiele Produkte aus der analogen künstlerischen und musischen Praxis zu verweisen ist. Häufig bieten digitale Arbeitsformen aber Vorteile hinsichtlich der Motivation der Schülerinnen und Schüler durch eine breitere Erlebniswelt.

Im Folgenden werden deshalb verschiedene digitale Formate genannt, um ihre Potenziale aufzuzeigen und einen Überblick über ihre Vielfalt zu verschaffen:  Gamifizierte Lernformen sind – in Form von Escape-Room-Aufgaben, Entscheidungsszenarien oder digitalen Simulationen – welche die Motivation steigern, indem sie Spielmechanismen und Wettbewerbsanreize einsetzen, nur mit digitalen Endgeräten und entsprechenden Apps möglich. Auch interaktive Visualisierungstools oder virtuelle Entdeckungsformate können die Produktdimension einer virtuellen Präsentation stark erweitern, indem sie den Lernenden ein immersives oder exploratives Erleben des Themas ermöglichen.   Eine Option stellen zudem Darstellungsformen aus den sozialen Medien dar, wenn es um die Präsentation und Diskussion von Prüfungsergebnissen geht. Ebenso bieten KI-gestützte Feedbacksysteme zusätzliche Optionen zur schnellen Analyse von Texten, Sprache oder kreativen Inhalten, während KI-unterstützte Reflexionsgespräche einen vertieften Austausch über persönliche Lernfortschritte ermöglichen können. Auch traditionelle Prüfungsformate wie Klassenarbeiten oder Klausuren behalten trotz der zunehmenden Diversität ihren Platz im Repertoire – etwa als ergänzende Überprüfung spezifischer Wissensinhalte und Kompetenzen. Kreative Produktionen, von frei komponierten Musikstücken bis hin zu KI-generierten Lernsongs, bilden eine weitere Facette, die das Spektrum an möglichen Endprodukten bereichern.  

In den dargestellten Optionen zur praktischen Umsetzung eröffnet der Systematisierungsansatz einen klaren Orientierungsrahmen. Durch die flexible Verknüpfung der Ebenen entsteht eine Vielzahl unterschiedlicher Prüfungsarrangements, die den Blick über traditionelle Formate hinaus öffnen und mehr Raum für kreative, praxisnahe und kompetenzorientierte Lernprozesse schaffen.  

Dieser Artikel wurde zusammen mit Anna Hegermann verfasst und steht unter CC-BY-SA 4.0

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